Widerstände im Dialog:

 

Widerstände sind eine natürliche Reaktion des Mensch auf das Erleben von Ziel- oder Werte-Konflikten. Ziel-Konflikte entstehen, wenn angestrebte Ziele nicht ( oder nur unzureichend) erreicht werden. Werte-Konflikte entstehen, wenn die eigenen verinnerlichten (moralischen) Werte selbst nicht eingehalten werden.

 

Diese Konflikte können verursacht werden durch:

A) Selbstverschulden 

B) Fremdverschulden.

 

 

 

A) Widerstände aufgrund von Selbstverschulden:

 

Widerstände durch Selbstverschulden ergeben sich aus der Erfahrung des Klienten, selbst gesteckte Ziele nicht erreicht zu haben oder den eigenen internalisierten Wertmaßstäben nicht zu genügen. Dieses Scheitern wird mit dem Gefühl der Angst, Scham und Schuld begleitet sein. Aus diesem Scheitern resultiert - dem natürlichen Gerechtigkeitsempfinden folgend - ein Drang nach Bestrafung (Sühnung). Die Bestrafung kann entweder (einmalig oder fortlaufend) vollstreckt, angedeutet, aufgeschoben, aufgehoben oder auch an einem Opfer vollzogen werden. Die Angst vor der Bestrafung zieht eine Reihe von Persönlichkeitsdeformationen nach sich: z.B. Lügen, Selbstverdammnis, Angstreaktionen, Flucht in Drogen oder okkulte Praktiken, Selbstbestrafungsrituale bis hin zum Suizid.

Ein Verzicht auf Bestrafung kommt oft nicht in Betracht, weil dadurch ein grundlegendes Gerechtigkeitsempfinden verletzt werden würde. Das Problem verfestigt sich durch die Idee des Klienten, er müsse sich zum Richter über sich selbst erheben - weil es ja sonst keiner macht bzw. machen darf.

 

In einer Art (unbewußtem!) Gerichtsverfahren ist der Klient alles in einer Person: Gesetzgeber, Richter, Ankläger, Angeklagter, Verteidiger und Zeuge. Hier wird deutlich, dass das Ego des Klienten eine beherrschende Rolle spielt. Er ist hier omnipotent und hat alles unter Kontrolle. Der Verlust der Kontrolle könnte seinen Tod bedeuten. Die Angst vor dem Tod treibt ihn an, die Illusion aufrecht zu erhalten.

 

Im Dialog sollte hinterfragt werden, ob...

- die omnipotente Stellung des Klienten gerechtfertigt ist.

- es Sinn macht, dass der Mensch sein eigener Gesetzgeber ist.

- es Alternativen zur Aufrechterhaltung von Gerechtigkeit gibt (z.B. Opfer-Konzept).

- der Klient bei sich Selbstbestrafungs- oder Fluchttendenzen erkennt.

- Konflikte sich durch geänderte Zielvorgaben auflösen lassen.

 

 

 

B) Widerstände aufgrund von Fremdverschulden:

 

Widerstände durch Fremdverschulden ergeben sich aus der Erfahrung des Klienten, daß andere Personen ihn an dem Erreichen von Zielen oder der Umsetzung von eigenen Werten gehindert haben. Diese Erfahrung zieht ein natürliches Verlangen nach Bestrafung der schuldigen Person nach sich. Sehr oft ist aber die Durchführung der Bestrafung weder möglich, noch ist sie gesellschaftlich tolleriert. Aus dieser Unfähigkeit, der Gerechtigkeit Geltung zu verschaffen, ergeben sich verschiedene Persönlichkeitsdeformationen: Selbstgerechtigkeit, latenter oder offener Hass, Verfall in Agonie, Suchtreaktionen als Versuch der Selbstheilung, alle Arten psychischer Erkrankungen...

 

Im Dialog soll geklärt werden, ob...

- strafrechtlich relevante Sachverhalte vorliegen

- wenn ja: sollen diese Sachverhalte mit rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt

  werden?

- wenn nein: kann ein Prozess der Vergebung angestossen werden?